Das studentische Nachtleben: Kneipen, Clubs und Partys
Für manche Studierende scheint die Studienzeit aus einer langen Reihe von Partys zu bestehen. Autistische Studierende haben oft das Gefühl, hier nicht hineinzupassen. Manche wollen abends ausgehen, stoßen dabei aber auf Schwierigkeiten, andere wollen nicht.
Hier findest du Tipps, wie du mit diesen Situationen umgehen kannst, und wie du auf deine Sicherheit achten kannst, wenn du abends weggehst.
Was kannst du tun, wenn du dich unter Druck gesetzt fühlst, abends auszugehen?
Wenn du studierst, fühlst du dich sich vielleicht unter Druck gesetzt, abends zu Partys, Clubs oder auf Kneipentouren gehen. Es gibt aber viele Möglichkeiten, an der Uni Freunde zu finden, ohne den Druck auszugehen oder Alkohol zu trinken, wenn du das nicht willst.
Am Anfang meines Studiums war ich auf einer Erstsemester-Party, und habe es sogar geschafft, dort mit einigen Leuten zu reden. Wohlgefühlt habe ich mich aber nicht. Es war (wie zu erwarten) laut, die Kommunikation entsprechend schwierig und der soziale Kontakt war anstrengend. Eigentlich hatte ich mit den Leuten, die ich dort kennengelernt hatte, nichts gemeinsam, und war mir nicht sicher, ob ich sie überhaupt mochte.
Ich bin aber zufrieden damit, dass ich es versucht habe. Nur so konnte ich herausfinden, dass es für mich nichts ist.
Du musst das für dich selbst herausfinden.
Überleg dir, was du wirklich willst. Willst du Leute kennenlernen und Freunde finden? In welcher Umgebung kannst du am besten mit anderen Leuten in Kontakt kommen? Und wo findest du die Art von Leuten, mit denen du dich anfreunden willst?
- Vielleicht gehst du lieber mit einigen Mitstudierenden in eine ruhige Kneipe, in der die Leute nicht bis spät in die Nacht bleiben. So kannst du dich an deinen Tagesrhythmus halten und nicht bis 4 Uhr morgens unterwegs sein.
- Veranstalte einen Abend mit Freunden. Trefft euch im Haus eines Freundes oder in einer Studentenunterkunft. Lade ein oder zwei Leute ein, die du vielleicht nicht so gut kennst. Kocht etwas oder bestellt Pizza, und macht etwas, das euch Spaß macht und das euch hilft, euch besser zu verstehen. Abends nicht wegzugehen bedeutet nicht, dass du keinen Spaß haben kannst und keine Leute treffen kannst.
- Im Sommer kann man sich im Park treffen. Ich finde Parks und andere ruhige Außenbereiche sensorisch oft besser erträglich als Innenräume. Nehmt eine Frisbee o.ä. mit, und macht vielleicht sogar ein kleines Picknick.
Es gibt weitere Möglichkeiten, im Studium andere Leute kennenzulernen, zum Beispiel Hochschulsport oder Veranstaltungen und Gruppen zu bestimmten Themen.
Es ist deine Entscheidung, wie du deine Freizeit verbringen willst. Scheue dich nicht, etwas Neues auszuprobieren, aber scheue dich auch nicht, es ruhig anzugehen. Lass dich nicht zu etwas drängen, was du nicht willst.
Wenn du nicht gerne ausgehst, mach dir keine Sorgen, du wirst viele Leute finden, denen es genauso geht wie dir.
Abends weggehen: Sicherheitstipps
Wenn es dir Spaß macht, abends wegzugehen, solltest du ein paar Dinge beachten, damit du auf Partys und unterwegs sicher bist.
- Sei vorsichtig an Geldautomaten in Party-Vierteln. Am besten ist es, wenn du entweder so viel Bargeld mitnimmst, wie du an diesem Abend brauchst, oder mit Karte bezahlst.
- Wenn du an einem Geldautomaten Geld abheben musst, versuche, in Begleitung einer Freund*in zu sein, achte auf Personen, die sich in der Nähe des Geldautomaten aufhalten, und vergewissere dich, dass niemand dich bei der Eingabe deiner Geheimzahl sehen kann.
- Es ist sicherer, in einer Gruppe von Freund*innen durch die Stadt zu gehen. In jeder Stadt gibt es typische Kriminalitätsschwerpunkte, und Party-Viertel gehören (zumindest abends) oft dazu. Wenn möglich, versuche dich schon vorher mit deinen Freund*innen zu treffen.
- Wenn du Alkohol trinkst, dann trinke nicht zu viel. Sich zu betrinken ist eigentlich nur eine Option, wenn du mit Leuten unterwegs bist, denen du zu 100 % vertrauen kannst, dass sie sich um dich kümmern und dich sicher nach Hause bringen (und die selbst nüchtern genug sind, um das sicher tun zu können).
- Lass dein Getränk nie unbeaufsichtigt, denn du weißt nicht, ob nicht jemand etwas in dein Getränk schüttet, wenn du nicht aufpassen. Nimm aus demselben Grund auch niemals ein Getränk von einer fremden Person an. (Falls das übertrieben klingt: Ich kenne Personen, denen unbemerkt K.-o.-Tropfen ins Getränk gegeben wurden, und es ist eine sehr gefährliche Situation – besonders, wenn du eine Frau bist.)
- Achte auf deine Wertsachen und dein Handy. Nimm dein Handy mit, du könntest es brauchen, um deine Freund*innen anzurufen, wenn du sie nicht finden kannst. Vergewissere dich, dass du den Weg nach Hause kennst und verlass dich nicht darauf, dass dein Handy dir den Weg zeigt, falls der Akku leer ist.
- Sei organisiert. Sorge dafür, dass du immer weißt, wo sich deine wichtigsten Gegenstände befinden, und dass du sie im Notfall erreichen kannst.
- Wenn du nach Hause gehst, versuche, zumindest ein Stück weit mit Freund*innen zu gehen. Benutze öffentliche Verkehrsmittel und halte dich an gut beleuchtete und belebte Straßen.
- Achte auf deine Umgebung, zum Beispiel auf aggressive oder verdächtige Menschen, und gehe ihnen so gut es geht aus dem Weg.
Ich will dir mit diesen Tipps keine Angst machen. Ich selbst war lange Zeit abends alleine in der Großstadt unterwegs, ohne Handy, ohne Angst, passiert ist nie etwas. Die meisten Menschen wollen dir nichts Böses, manche aber eben schon. Die genannten Tipps machen dein Leben aber ein Stück sicherer.
Zuletzt bearbeitet am 01.12.2023.
Linus Mueller befasst sich seit 20 Jahren mit Autismus. Er hat hat sein Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Magisterarbeit über Autismus und Gender abgeschlossen und in mehreren Autismus-Organisationen gearbeitet, bevor er Autismus-Kultur gründete. Linus ist selbst autistisch und Vater eines fabelhaften Kindes. Mehr über Linus