Der haptische Lerntyp
Haptische Lerntypen verwenden bevorzugt ihre Hände, Bewegungen und ihren Tastsinn, um etwas über die Welt, die sie umgibt, zu lernen. Oft mögen sie Sport und Bewegungsspiele und auch andere körperliche Aktivitäten wie Gärtnern oder Holzarbeiten. Vielleicht tanzen sie gern.
Sie denken gern über Dinge, Ideen oder Probleme nach, während sie sich bewegen. Wenn sie etwas beschäftigt, gehen sie lieber spazieren oder joggen statt zuhause zu sitzen.
Haptische Lerntypen sind sensibel gegenüber der physischen Welt um sie herum. Sie nehmen stoffliche Beschaffenheit oder Maserung zum Beispiel von Möbeln und Kleidung wahr. Sie mögen es, sich die Finger schmutzig zu machen
, Modelle zu bauen und Puzzles zu legen.
Oft verwenden haptische Lerntypen Gesten und andere Körpersprache, wenn sie kommunizieren – bei autistischen Menschen mit haptischen Lernstil kann das allerdings anders sein.
Entweder lieben Menschen mit haptischem Lernstil die körperliche Action der Fahrgeschäfte in Freizeitparks oder sie vermeiden sie gänzlich, weil sie ihr inneres Körpergefühl zu sehr durcheinanderbringen.
Wenn haptische Lerntypen ein neues Thema oder eine neue Fähigkeit erlernen, würden sie am liebsten mitten hineinspringen
und so bald wie möglich mit den pyhsischen Teilen davon spielen. Sie bevorzugen es, ein Gerät auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, statt darüber zu lesen oder Diagramme anzusehen, wie es funktioniert.
Der Gedanke, sich still sitzend einen Vortrag anzuhören, ist für Menschen mit haptischem Lernstil abscheulich. Besonders Kinder fangen unter solchen Umständen schnell an zu zappeln und können nicht lange stillsitzen. Sie wollen aufstehen und sich bewegen. Eltern und Lehrkräfte sehen darin manchmal einen Hinweis auf ADHS – dabei versucht das Kind nur instinktiv, auf die Weise zu lernen, wie es das am besten kann. Kinder mit haptischem Lernstil profitieren oft sehr von Montessori-Pädagogik – seien es Montessori-Schulen oder -Klassen oder Lernmaterialien für zuhause.
Lerntechniken für haptische Lerntypen
- Verwende, wenn möglich, Handlungen, Bewegungen und praktische Arbeit beim Lernen. Wenn du etwas visualisierst, konzentriere dich auf die Sinneseindrücke, die du im jeweiligen Szenario erwarten würdest. Wenn du dir zum Beispiel vorstellst, eine Wende mit einem Segelboot zu machen, konzentriere dich auf die Sinnesempfindungen: den Druck gegen Deine Hand, wenn du das Steuerruder drehst, und die abnehmende Spannung in den Tauen. Spüre, wie der Wind von der anderen Seite kommt, spüre den dumpfen Aufschlag, wenn das Segel von Wind in die andere Richtung geschlagen wird, und spüre, wie das Boot nach der Wende wieder Geschwindigkeit aufnimmt.
- Verwende greifbare Gegenstände, wann immer es möglich ist. Fass sie auch tatsächlich an, während du lernst, wie sie funktionieren. Auch Lernkarten können helfen, sich Informationen einzuprägen, weil man sie anfassen und umherbewegen kann.
- Behalte im Kopf, dass Schreiben und Zeichnen körperliche Aktivitäten sind, also vernachlässige diese Techniken nicht. Vielleicht verwendest du große Blätter und dicke Farbmarkierer für Deine Diagramme. Auf diese Weise erfährst du mehr körperliche Aktion beim Zeichnen.
- Verwende Atem- und Entspannungstechniken, um dich zu konzentrieren, wenn du lernst und Leistung bringst. Richte Deine Aufmerksamkeit darauf, ruhig, konzentriert, entspannt und bewusst zu bleiben. Wenn du mehr Kontrolle über Deinen körperlichen Zustand gewinnen willst, versuch es mit Autogenem Training. Manche Spitzensportler_innen nutzen es, um ihre Leistungen zu verbessern.
- Nutze Rollenspiele, entweder allein oder zusammen mit anderen, um Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu üben. Besonders für soziale Kompetenzen im weitesten Sinne kann das sehr hilfreich sein. Aber auch andere Lerninhalte kannst du auf diese Art ausagieren oder simulieren.
- Wenn du Schwierigkeiten hast, einen Lernstoff auswendig zu lernen, dann mache während dem Lernen eine bestimmte Handbewegung, die du während der Prüfung wiederholst. Forscher haben herausgefunden, dass haptische Lerntypen das Gelernte so besser erinnern.
Foto: Steven Depolo
Zuletzt bearbeitet am 02.02.2022.
Linus Mueller befasst sich seit 20 Jahren mit Autismus. Er hat hat sein Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Magisterarbeit über Autismus und Gender abgeschlossen und in mehreren Autismus-Organisationen gearbeitet, bevor er Autismus-Kultur gründete. Linus ist selbst autistisch und Vater eines fabelhaften Kindes. Mehr über Linus