Was bedeutet es, selbständig zu lernen?
Das Studium beinhaltet viel mehr selbständiges Lernen als in der Schule.
Dr. Marc Fabri, Projektleiter von Autism&Uni, berichtet über seine Erwartungen an Studierende, die an der Universität selbständig lernen:
Ein Studium an der Universität beinhaltet viel mehr selbständiges Lernen als in der Schule. Während Fächer mit vielen praktischen Einheiten zu sehr vollen Stundenplänen führen können, gibt es in vielen Kursen relativ wenig Kontaktzeit (Unterricht) und eine Menge zu lesen und Notizen zu machen, die außerhalb der Vorlesungen zu erledigen sind.
Die Menge des Lernstoffs ist viel größer, er muss in kürzerer Zeit bewältigt werden und wird nicht so häufig wiederholt wie in der Schule. Außerhalb von Tests, bewerteten Aufgaben und Prüfungen überprüft niemand, ob du das Gelernte verstanden hast oder nicht.
Das ist interessant und herausfordernd zugleich – manchmal hat man in der Schule das Gefühl, nur das zu tun, was einem gesagt wird, und nur so viel zu tun, wie man muss, um die Prüfungen zu bestehen. An der Universität hast du die Kontrolle darüber, welche Arbeit du wann und wie viel erledigst.
Du musst lernen, schnell und effektiv das Wichtigste aus dem zu extrahieren, was du liest und hörst, und zwischen verschiedenen Quellen zu unterscheiden (die Bibliothekar*innen können dir dabei helfen und bieten oft Kurse an, in denen du lernst, wie du effektiver arbeitest und dich besser informieren kannst – siehe auch: Nutzung der Uni-Bibliothek).
Auch wenn dein Kurs eine Leseliste hat, musst du a) herausfinden, welche Punkte auf der Liste am wichtigsten sind und b) darüber hinaus lesen. Sehr viel.
Außerdem musst du dir deine Zeit einteilen – wann du aufstehst, wann du isst, wann du zum Unterricht gehst, wann du alle anderen Arbeiten erledigst, wann du zu Terminen gehst, wann du ein Leben außerhalb des Studiums führst, wann du ins Bett gehst …
»Die Module gehen zu schnell, und ich habe keine Zeit, all die Dinge zu lernen, die ich gerne lernen würde. Ich bin langsam beim Lesen und Hören und mein Gedächtnis ist schlecht. Auch das Erledigen von Aufgaben und das Mitschreiben geht nur langsam voran, da ich dazu neige, sehr ordentlich und präzise zu schreiben. Ich habe keine Zeit, Bücher zum Thema richtig zu lesen.«
ein Student
Dieser Artikel wurde von Dr. Marc Fabri geschrieben und entstand im Rahmen des Autism&Uni-Projekts. Der Originalartikel ist hier verfügbar und steht unter einer Creative-Commons-Lizenz. Der Artikel wurde von Linus Müller übersetzt.
Zuletzt bearbeitet am 01.12.2023.
Marc Fabri ist Dozent für partizipatives Design an der Leeds Beckett Universität.
Er hat viel mit autistischen Universitätsstudenten gearbeitet, um Barrieren für den Zugang zu und den Erfolg in der höheren Bildung abzubauen. Er leitet das LBU Autism Research Lab und war von 2013 bis 2016 Leiter des Forschungsprojekts Autism&Uni, das Studierende beim Übergang in die Hochschulbildung unterstützt.
Derzeit leitet Marc Fabri das Projekt IMAGE, das auf Autism&Uni aufbaut und darauf abzielt, autistische Hochschulabsolvent*innen besser auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten.